Die Sonne beehrte die spanische Ostküste schon seit Dutzenden von Minuten, als der Auswanderer das Licht der Welt erblicke – aber nicht zum ersten Mal. (Der Autor dieser Saga verliert sich an dieser Stelle in seiner eigenen Formulierung. Der Protagonist kann nämlich schon 25 Lenzen seine eigenen nennen und erblickte somit schon rund 9000. Mal das Licht der Welt [=aufwachen, Anm. der Redaktion] Eigentlich sollte der klägliche Versuch, sein Tagebuch im Tonfall dramatischer Heldensagen zu erzählen, an dieser Stelle abgebrochen werden.) Mit schierer Manneskraft erhob er sich aus seinem Gemach und steuerte frischen Schrittes und forschen Geistes auf die anmutende Mercadona* zu. Für seine Primärmahlzeit sollten sich Magerquark, Jogurt und RedBull ein Stelldichein geben. Bullensaft zum Frühstück – im Land der Stiere** sollte das Integration genug sein.
Der Auswanderer entschied sich in einem Anflug plötzlicher Spontaneität, Weihnachten vorzuziehen, und schenkte sich die Spanischlektionen – mit einer schönen Schleife drum. Er machte blau, er schwänzte. In seinem Heimatland, Fernbleibasien, wäre das glatt als Heldentat durchgegangen, Loorbeerkranz und Denkmal inklusive. Fern seiner Heimat musste er sich aber mit einem semibemühten Erkunden seitens seines Sprachmeisters zufrieden geben. Mit der Erkundung des iberischen Festlands legte sich der Auswanderer dennoch ein veritables Alternativprogramm zurecht. Auf seiner Entdeckungstour durch den Garten der Turia*** erlegte er mit roher Muskelkraft unter anderem einköpfige Hydranten. Zuletzt wurde er mit brennenden Hals beim Sturm auf die Kräuterpastille**** gesichtet.
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* Spaniens grösste Supermarktkette. Zahlt laut meinen valencianischen Freunden überdurchschnittlich gute Löhne… Chapeau!
** Der Osborne-Stier ziert jedes zweite Souvenir aus Spanien. 88 epischgrosse Osborn-Stiere aus Blech sind über ganz Spanien verteilt, 12 davon in Valencia.
*** Der Jardin del Turia ist ein Park im ehemaligen Flussbett der Turia, stattliche 100 ha gross.
**** Ricolas Bonbon aus Holunderblüte auf Spanisch: «Flores de sauco». Auf valencianisch: «Flores de sabugueiro». In Valencia ist alles zweisprachig angeschrieben, damit auch die katalanischen Nationalisten auf ihre Kosten kommen.