Viel Schweizer S-Bahnen haben das Klo mittlerweile nicht mehr am Ende des Wagens, sondern mittendrin. Und diese Klos sind auch richtig gross. Eigentlich hätte auch noch eine Dusche drin Platz, mit etwas Goodwill eine Wanne und vielleicht sogar eine kleine Sauna, eventuell sogar eine kleine Sonnenbank. Wie auch immer: Wird die riesige Schiebetür dieses riesigen Klos geöffnet, sehen mehrere Pendler direkt in den Vorhof der Hölle. Danke für nichts, S-Bahn-Architekt!
Und genau ein solches XXL-Klo in der Wagenmitte muss ich nun aufsuchen. Die Pendler, die unmittelbar vor dem Klo sitzen, gucken mich etwas doof an. Das ist aber kein Grund zur Besorgnis, Pendler sind per se keine euphorischen Menschen. Ich mache also diese grosse Schiebetür auf – und sehe dahinter einen Mann mit heruntergelassenen Hosen. Ooops, der hat wohl vergessen, die Tür abzuriegeln. Mit einem «Sorry» schliesse ich wieder. Die anderen gucken noch immer doof, als wäre nichts gewesen.
Ein paar Sekunden später verlässt der freundliche Herr das Klo und klärt mich auf, dass Türschloss eben leider nicht funktioniere. Ich entschuldige mich bei ihm und bedanke mich gleichzeitig für den Hinweis. Zum Glück muss ich mir nur die Hände waschen. Oder soll ich doch noch ein Wasser lösen? So ein kleines Restwässerchen, um die Blase komplett zu leeren? War meine Blase halbvoll oder halbleer?
Eigentlich könnte ich ruhig ein Geschäft verrichten, denn falls just in diesem Moment jemand ins Klo will, werden ihn die Pendler, die direkt davor sitzen, bestimmt davon abhalten. Sie wissen ja nun, was Sache ist. «Oh sorry, da ist jemand drin» oder so. Die Willensnation Schweiz ist auf den guten Willen seiner Zivilisten angewiesen. Ich grüble also gerade, was ich in diesem Klo zu tun gedenke, da geht schon die Tür auf. Eine Frau steht da, etwas perplex. Sie wurde also nicht gewarnt. Ich wurde also nicht gedeckt. Ich habe euch vertraut, liebe Mitpendler! Ich habe euch vertraut, und ihr habt mich enttäuscht. Konsterniert wasche ich mir die Hände zu Ende.
Nun will ich mit gutem Beispiel vorangehen. «Passen Sie auf, die Tür lässt sich nicht verriegeln» warne ich meine Nachfolgerin, und versichere ihr, kurz aufzupassen. Während sie nun auf dem Klo ist, stelle ich mich wie ein Türsteher vor die Schiebetür. Da kommt mir auch schon ein älterer Mann entgegen, mit Rollator. Ich stürze mich auf ihn und begrabe ihn samt Rollator unter meinem Muskelberg. Die Pendler stehen auf und applaudieren, die Menge johlt. Was für ein Tag.