Gut gelaunt, gut genährt und mich auf dem Höhepunkt meiner psychischen und physischen Seligkeit befindend, stehe ich gestern Mittag in der S-Bahn und verteile meine Konzentration dabei zu drei vier gleich grossen Teilen auf einen Jugendroman, einen politischen Podcast, meine Vorfreude auf meine Kollegen – und natürlichen auf meine Mitfahrer_innen* im Zug. Pendler teilen sich ja per se in Produzenten (machen komische Sachen) und Konsumenten (beobachten die komische Sachen machenden Produzenten) auf. Zu welcher Gruppe gehören SIE? Machen Sie den grossen Pendler-Test und gewinnen Sie mit etwas Glück den Weltfrieden, der aber nicht mit dem eigenen Seelenfrieden kumuliert werden darf. Angebot gültig bis gestern, har-har, fieses Panzerknackerlachen.
Zurück im Zug: Da und dort wird geschnieft, geniest, gehüstelt, die Pollen haben uns fest im Griff. Blütenstaub, das Bienchen und die Blüte, im Frühling zeigt sich immer schön, dass das Sexglück der einen das Leid der anderen sein kann. Würde die Biene doch endlich beim Sex verhüten (Safer Sex = Beischlaf im Tresor), dann wäre das Problem gelöst. Würde sie ja gerne, aber bei ihrem Stachel ist das Risiko des platzenden Kondoms astronomisch hoch, Zahlenfanatiker sprechen nicht selten (sondern nie) von 99,9 Prozent.
Auf jeden Fall schnäuzt ein älterer Herr neben mir die Nase. So weit so gut, jetzt kommt’s: Einmal, zweimal, dreimal, viermal, fünfmal. Damit nicht genug. Er begutachtet nach fünf Schnäuz-Durchgängen seine Produktion (das Zwischenfazit ist die Schlussbilanz des kleinen Mannes) und zeigt sich sichtlich unzufrieden. Da fehlt vermutlich noch ein Popel. Er grübelt nun mit dem gleichen Tuch in seinem rechten Nasenloch. Der Popel will nicht raus. Der Herr stellt sich beim Popeln äusserst (oder überaus) ungeschickt an, der Popel dürfte sich längst in die Stirnhöhle zurückgezogen haben, aber Mister Heuschnupf popelt weiter, was das Zeug hält, aber immer schön mit dem papiertuchbedeckten Finger, so viel Stil muss sein. Nach 23 Versuchen gibt er auf, er faltet sein Papiertuch mit viel Verve zusammen (soll es ein Origami werden?), nur um es dann wieder auseinanderzufalten und sich im Anschluss damit seine behaarte Oberlippe abzuwischen. Von rechts nach links, von links nach rechts, oben-unten unten-oben. Das Reiben macht ihm Spass und sorgt für neuen Tatendrang: Er schnäuzt nun unverhofft ein weiteres Mal in sein Tuch (immer noch das gleiche Tuch) – beginnt dann tatsächlich wieder zu Popeln, täglich niest das Murmeltier, ohjemine. In meinem Podcast erfahre ich derweil, dass Artikel im Internet F-förmig und daher kaum je zu Ende gelesen werden. Gut für mich, dann kann ich die Anekdote an dieser Stelle abrupt beenden. Schönen Sonntag noch!