Gedanken zum MILF-Tag

Der Kalender der gesellschaftlichen Gepflogenheiten wartet heute mit dem dritten Highlight des Jahres auf: Nach Valentinstag (schön essen, evtl. kleines Geschenk) und Ostern (Brunch mit Familie) steht heuer der Muttertag an. Selbst auf billige Snacks spezialisierte Tankstellen führen an diesem Freudentag billige Blumensträusse im Sortiment. Schnell tanken, ein Tüte Chips (für sich) sowie Blumen (für Mama) kaufen, und die Pflichten sind erfüllt. Höhepunkt des heutigen Nachmittages ist sicher der mindestens 80-jährige Greis, der zu einem Blumenladen stolpert und fragt: «Gibt es heute Aktionen?» – «Ja.» – «Gopfetamminamal» (Schweizer Fluch, eher negativ konnotiert, warum der Greis so geflucht hat, weiss ich nicht, vielleicht schämt er sich, seiner 110-jährigen Mutter einen Strauss zum Vorteilspreis zu kaufen).

Szenenwechsel: Ca. 50-jähriger Mann steht in der Bahnhofshalle. Mit seinem Aussehen steht er nicht im Verdacht, einen allzu alternativen/gesellschaftskritischen/postmateriellen Lebensstil zu führen: massentaugliche Frisur (kurze, mit etwas Gel aufgestelle Haare), Schnauz, Poloshirt, darüber eine Funktionsjacke, am Boden neben ihm ein Sechserpack Bier, die Jeans zu weit und zu lang, Sex Appeal Fehlanzeige bzw. Ansichtssache. Aber ist tatsächlich gerade dabei, einen halben Liter biologischen Birkensafts zu trinken, ach was, er ext die Flasche in Rekordzeit, handgestoppte 5 Sekunden. Jahresbestleistung, regulärer Rekord, da ohne grossen Rückenwind. Als er die leere Flasche absetzt, nicke ich ihm anerkennend zu. Er rülpst, alles wieder beim Alten.

Titelbild von Cuncon.

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