Lars Lässig hatte um ein Mitarbeitergespräch gebeten. Ihm lag etwas auf dem Herzen. Und zwar wollte er eine Lohnvertiefung. In den letzten Tagen habe er kaum Projekte auf dem Tisch gehabt, und wenn, dann habe er sie stets sehr gemütlich erledigt oder gar an seine Kollegen abgeschoben. Ausserdem war ihm aufgefallen, dass seine Toilettenpausen immer länger wurden.
Seine Chefin war in einem Dilemma. Einerseits verstand sie Lars’ Erklärung und wäre gerne auf seine Forderungen eingegangen, weil er wirklich ein unangenehmer Mitarbeiter war. Andererseits war es aus buchhalterischen Gründen kaum machbar, die Bilanz durch eine plötzliche Lohnvertiefung dermassen durcheinander zu bringen.
Und das Schlimmste: der Nachahmereffekt. Wenn sich herumspräche, dass Lars weniger Lohn herausgeschlagen hatte, kämen bald die nächsten Mitarbeiter angetrabt und wollten möglicherweise noch weniger Lohn.
Die Chefin schlug als Alternative vor, die Nichtbetriebsunfallversicherung aus Lars’ Vertrag zu nehmen. Dann verabredete sie sich noch am gleichen Abend privat mit ihm und stiess ihn am Ende der Nacht eine Treppe runter – und schon war Lars arbeitsunfähig und musste die Kosten selbst tragen.
Natürlich zeigte Lars seine Chefin nach diesem abgesprochenen Vorfall an. Schliesslich wollte man eine Lose-Lose-Situation erreichen. Neun Monate später brachte sie im Gefängnis eine Fehlgeburt zur Welt. Schade, Lars hatte fest damit gerechnet, sein Konto durch regelmässige Alimentezahlungen zu erleichtern. Aber man konnte eben nicht alles haben.
Bild von Bryan Brenneman