Die Shopping Mall ist tot!

Ich erklimme einen Berg. Den Berg der Rosen im Norden Winterthurs. Nach fünfzehn Stunden … äh fünfzehn Minuten komme ich endlich an.

Mittwochabend, halb acht im Einkaufszentrum Rosenberg, ich sitze in einem Café im ersten Stock. 80 % der Läden haben enttäuschenderweise schon geschlossen. Wegen Kurzarbeit? Wegen der schweizweit ca. 100 Corona-Infektionen pro Tag? Wegen der Spitalbett-Krise? Ich weiss es nicht, auf jeden Fall macht die Mall einen trostlosen Eindruck.

Abandoned Shopping Malls, das ist ein musikalisches Subgenre der Internet-Kunstrichtung Vaporwave. Thema: Zukunftsvisionen der Vergangenheit, die nicht eingetroffen sind. Irgendwo zwischen Desillusionierung und Hyperrealität. «The future is dead», fällt mir dazu spontan ein, oder noch besser und inspiriert von einem Schreibfehler, der mir beinahe unterlaufen ist: «The future is a feature».

Stairway to Heaven, die Rolltreppe zum Himmel, mit bester Aussicht auf das Sternbild Grosser Warenkorb.

Jetzt ist die Frau gegangen, die mich zehn Minuten lang angestarrt hat. Eine andere Frau führt einen Hund an einer extralangen Leine, eine weitere Frau in einer gelben Regenjacke filmt das Geschehen. Geschichten, die nur der Fussball schreibt.

Zwei Geschäfte, die noch offen haben, gleich nebeneinander: Buchhandlung und Blumenladen. Culture meets Nature.

Die Barista eröffnet mir, dass man nur mit Bargeld zahlen kann. In meinem Sichtfeld hat es einen Bankomaten, an dem seit fünf Minuten zwei alte Frauen stehen. Ich gehe hin, stelle mich hinten an und höre: «Also, C-O-D-E eingeben», ohje ohje,

Stunden später komme ich an die Reihe, ich hebe 280 Franken in 14 Zwanzigerscheinen raus, gehe zurück zum Café und lege sie auf den Tresen. Die Barista lacht. Ich auch. Wir lachen beide. Ich nehme 13 Zwanziger zurück und runde grosszügig auf. Dann gehe ich zurück an meinen Tisch, stelle Tasse und Glas aufs Tablett und bringe es der Barista. Sie bedankt sich, ich mich ebenso.

Auf dem Heimweg begegne ich einem Liegerad-Fahrer, eine Spezies, die irgendwie fast ausgestorben ist. Es ist sehr lustig, dem Liegerad-Fahrer zuzuschauen, wie er den Rosenberg hochfährt und dabei quasi die Beine hochlagern muss.

Highlight des Abends.

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