Frauen und Tattoos 💖

Ich sitze im Kafisatz, nachdem ich bei der Coiffeuse war.

VerlĂ€ngerte Haare, aufgeklebte Wimpern und aufgeklebte FingernĂ€gel, dafĂŒr hĂ€lt das Tattoo ewig: Eine topgestylte Frau am Nebentisch hat sich die Chasma auf den rechten Oberarm tĂ€towieren lassen.

Die SchĂŒtzende Hand der Miram. Eine Prise Judentum als Modetrend, etwas SpiritualitĂ€t to go – die Kabbala ist zu kompliziert. Das Tattoo ist vielleicht ein Andenken an die Ferien in Tel Aviv. Hashtag? #Happyplace!

Frauen und Tattoos.

Das GesprĂ€ch mit ihrer Freundin, das ich mitbekomme, ist aber nicht spiritueller Natur: Man lĂ€stert ĂŒber eine nichtanwesende Drittperson. Das ist natĂŒrlich fies, die Angeklagte kann sich so nicht wehren. Aber das ist ja das Prinzip des LĂ€sterns.

«Bist du behindert?», sagt sie laut. Die rhetorische Frage ist nicht nur in Debattierclubs ein beliebtes Stilmittel. Es folgt ein Fluch in einer mir fremden Sprache.

Jetzt setzt sich eine sehr schöne Frau, vielleicht Ende FĂŒnfzig, an den Tisch vor meinem. Sie trĂ€gt elegante Absatzschuhe. Weil der Ausdruck High Heels zu billig wĂ€re fĂŒr sie. Sie zĂŒndet sich eine Zigarette an, nimmt einen Zug und schaut ins Leere. Ich suche ein passendes Adjektiv: Erhaben. Heisst: von WĂŒrde bestimmt. Passt.

Jetzt sehe ich eine Frau, die mich vor einem halben Jahren auf Tinder angeschrieben und mir nach einer Woche mitgeteilt hat, dass sie nun doch keinen Bock auf Dates habe. Ich finde die Message auf WhatsApp:

«Du, ich will deine Zeit nicht verschwenden, darum sage ich es geradeheraus: Ich will momentan keine Tinder-Dates. Lassen wir es einfach versanden, okay?» Ich habe nicht geantwortet.

Und jetzt sitzt sie mit einem Typen da, der mir gar nicht unĂ€hnlich ist. Etwa gleich alt, Ă€hnliche Frisur, gut gelaunt, vielleicht 15–20 kg schwerer.

Sie nimmt einen Schluck Bier und klopft sich dann mit beiden HandflĂ€chen auf die nackten Oberschenkel – im Rhythmus des Songs des chilenischen Strassenmusikers. Vielleicht erinnert er sie an den SĂŒdamerikatrip vorletztes Jahr?

Am Knöchel trĂ€gt sie natĂŒrlich ein Tattoo. Ich erkenne nicht, was es ist. Ein kleines Lama vielleicht? Fernweh nach Machu Pichu? Selbstfindung in den Anden?

Frauen und Tattoos.

Bild von Suicide Neftis.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s